Intersystemische Sozialpädagogik

Der Lebensabschnitt zwischen 14 und 18 Jahren ist an sich schon eine herausfordernde Zeit für heranwachsende junge Männer, sie wird noch schwieriger, wenn schwere Adoleszentenkrisen, Verwahrlosungssyndrome, tiefgreifende Persönlichkeitsstörungen, beginnende Schizophrenien oder Hyperaktivitätssyndrome mit Komorbidität hinzukommen. Sprechen wir nun noch von Mehrfachdiagnosen gepaart mit sozialer Auffälligkeit, kommt die Modellstation SOMOSA ins Spiel.

Um dieser Problematik gerecht zu werden, braucht es mehr als nur Sozialpädagogik, Arbeitsagogik oder Therapie. Es braucht alles zusammen und das bestmöglich synergetisch. Um dies in der Modellstation SOMOSA zu erreichen, behandeln wir die Klienten intersystemisch.

Intersystemische Zusammenarbeit wie wir sie verstehen ist intensiv, permanent und auf Augenhöhe. Sie beginnt noch vor der Aufnahme des Klienten mit einer Vorabklärung und - bei einer möglichen Aufnahme - mit der Auswahl der geeigneten Wohngruppe. Für eine gelingende Diagnostik stellt auch die Interdisziplinarität in den Teams der Wohngruppen und des Arbeitsbereichs eine wichtige Ressource dar. Startet die Behandlung des Klienten wird diese durch regelmässige Sitzungen mit internen und externen Bezugs- und Fachpersonen gekennzeichnet.

Die unterschiedlichen Sichtweisen und Problemstellungen der Klienten lassen hier gemeinhin “verschiedene Klienten“ erscheinen, welche es nicht zu bewerten, sondern zu vereinen heisst, um den bestmöglichen Fortschritt für den Klienten zu erreichen. Es gilt, aktuelle Entwicklungsschritte und Hotspots der Behandlung herauszuarbeiten. Kurze Kommunikationswege auf Augenhöhe sind hier gefragt. Obligatorisch sind dafür kontinuierliche Gefässe wie interne Förderplanungen innerhalb des Fallteams, aber auch der regelmässige Austausch im übergeordneten Rahmen und die 3-monatliche Analyse mittels verschiedener Diagnostiktools wie z.B. DIAD (Differentielle klinische Diagnostik adoleszentärer Dissozialisation) sowie der Einbezug externer Systeme.

Da das Involviert sein von verschiedenen Berufsgruppen immer auch die Möglichkeit zur Spaltung bieten kann, wird in der Modellstation Somosa Wert auf eine transparente Kommunikation direkt an den Schnittstellen gelegt. Die Unterstützung durch den Arbeitsbereich beim Mobilisieren der Klienten in der Wohngruppe oder das aktive Einholen der Tagesrapporte im Arbeitsbereich im Beisein der Klienten durch die Wohngruppen sorgen für kurze Kommunikationswege. Gesamtheitliche Events oder die generellen Möglichkeiten für jedes System, in einem der anderen Bereiche situativ mitzuarbeiten, demonstrieren dem Klienten die enge Kooperation.

Intersystemisch im weiteren Sinne heisst für die Modellstation Somosa auch ein Miteinbeziehen der Klienten. Bezüglich des subjektiven Erlebens in einer sozialen Einrichtung ist die Klientel selbsterklärend eine essentielle Bezugsquelle. Konzept- und Strukturanpassungen resultieren auch aus Feedbacks von Klienten. Als jüngstes Beispiel wurde eine Eintrittsbox neu entwickelt, die dem Klienten mit Informationen und ein paar kleinen persönlichen Sachen den Übertritt erleichtern soll. Auch dieses Projekt wurde intersystemisch entwickelt, umgesetzt und wird in Wechselwirkung mit dem Klienten weiter implementiert.

Der Abschluss der intersystemischen Behandlung in der Modellstation Somosa endet nicht mit dem Austritt des Klienten, sondern wird mit einer konkreten Austrittsreflexion mit Beteiligung aller intern involvierten Bezugspersonen und mit einer finalen Präsentation/ Evaluation vollzogen.

Jens Konejung
Abteilungsleiter Wohngruppe B

 

 

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