Die Bedeutung des psychodynamischen und psychosomatischen Verstehens

Die Problematik der Klienten der Modellstation SOMOSA reicht häufig in eine frühe und „vorsprachliche“ Lebensphase zurück. Entsprechend ist es vielen kaum möglich, bestehende Schwierigkeiten differenziert wahrzunehmen, zu reflektieren oder in Worte zu fassen. Um die komplexen Zusammenhänge einer schweren Adoleszenzkrise auf Basis einer strukturellen Störung verstehen zu können, sind psychodynamische Konzeptualisierungen hilfreich

Derart tiefgreifende Einschränkungen werden nach G. Rudolf auch als „Strukturelle Störungen“ bezeichnet. Sie haben Auswirkungen auf das Selbstverständnis, die Selbstregulation und die Beziehungsgestaltung der Betroffenen und zeigen sich besonders an Entwicklungsschwellen wie der Adoleszenz: Die Pubertät hat „ungefragt“ einen Prozess in Gang gesetzt, der eine Reorganisation des Körpererlebens und eine Neuintegration der eigenen Wünsche und Phantasien gnadenlos einfordert. Sexuelle und aggressive Gedanken und Impulse führen zu Verunsicherung, Angst und Scham. Kommunikation darüber ist schwer möglich. Während die Herkunftsfamilie an Bedeutung verliert, wird der erfolgreiche Anschluss an eine Peergroup überlebenswichtig. Stagniert oder scheitert der Individuations- und Ablösungsprozesses, treten vermehrt Rückzugsverhalten, Substanzmissbrauch, übermässiger Medienkonsum oder Risikoverhalten auf.

Psychodynamische Konzeptualisierungen hilfreich

Um die komplexen Zusammenhänge einer schweren Adoleszenzkrise auf Basis einer strukturellen Störung verstehen zu können, sind psychodynamische Konzeptualisierungen hilfreich. Darunter versteht man die theoriegeleitete Interpretation von Entwicklungs-, Beziehungs-, Konflikt- und Abwehrdynamik sowie die Reflexion von Übertragungsangebot und Gegenübertragungsreaktion  bzw. Resonanz. Das gewonnene Fallverständnis  kann und muss im Behandlungsverlauf immer wieder ergänzt, revidiert und neu formuliert werden.  

Angemessene zeitliche Ressourcen erforderlich

Für eine erfolgreiche Behandlung von Strukturellen Störungen sind nicht zuletzt angemessene zeitliche Ressourcen erforderlich (Sitzungsfrequenz und Gesamtbehandlungsdauer). Erfreulicherweise ist und bleibt es im Rahmen unseres Behandlungskonzepts möglich, dies für die uns anvertrauten Klienten zu leisten.

Dr. med. Leonhard Funk, Leitender Oberarzt

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